Thomas Höber-Neu beim Elternabend am 15.10.2019

Lernen in der Kita -  Bedeutung von Lerngeschichten

 

Die regelmäßige Überprüfung unserer Arbeit ist in unserem Qualitätsmanagment fest verankert.  Das muss auch so sein, weil Gesellschaft in einem ständigen Wandel begriffen ist und wir als Kita darauf reagieren müssen. Was gestern noch von großem Wert war, ist heute unbedeutend. Lebensbedingungen und Einstellungen ändern sich und genau dort drinnen befinden wir uns als Kindertagesstätte. Wir wollen mithelfen, dass Kinder ihren Platz im  Leben finden. Kinder vorzubereiten bedeutet für uns nicht, ihnen einen möglichst großen Vorsprung an Sachwissen, anderen Kindern gegenüber, mitzugeben. Sondern den Glauben an sich selbst und den Glauben in die eigenen Kräfte zu vermitteln. Dadurch soll das Kind das Zutrauen gewinnen „Ich schaffst das“. Entscheidend sind dabei die Menschen, die ihm wichtig sind und denen es bedingungslos vertrauen kann.

 

Wir müssen akzeptieren, dass kein noch so ausgefeiltes Lernprogramm es vermag dieses Vertrauen  zu  vermitteln. Das Kind lernt die wichtigen Dinge des Lebens im  Umgang mit Menschen mit all ihren Ecken und Kanten. Eine Bedingung gibt es aber: Kinder wollen ehrlich wissen, wie sein Gegenüber tickt. Was ihn freut oder traurig macht, was ihn ärgert oder zum Lachen bringt. Lebendige Menschen mit all ihren Stärken und Fehlern, sind die Medien von den Kinder lernen. Kinder brauchen nichts Perfektes, sondern Authentisches. Sie brauchen Menschen, die ehrlich das sagen und tun, was sie denken. Menschen sind immer und überall Vorbilder. Sowohl im Guten als auch im Schlechten. Kinder lernen von ihren Vorbildern entweder Verantwortung und Umgangsformen oder eben nicht. Wenn Papa und Mama nicht „Guten Morgen“ sagen, wird es das Kind das auch nicht tun. Wenn ein Kind keine Verbindlichkeit und klare Regeln erfährt, wird es sehr wahrscheinlich auch unverbindlich und unzuverlässig sein.

 

Die richtig gute Arbeit im Kindergarten ist oft unspektakulär. Im Normalfall sammelt ein Kind täglich die Grundlagen und das Handwerkszeug für all die Fähigkeiten, die es für ein gelingendes Leben benötigt. Wir nennen diese Grundlagen  Kompetenzen. Sie sind notwendig, damit sich ein Kind schulisch weiterentwickeln kann. Die Erlangung dieser Kompetenzen benötigt den Großteil der Zeitspanne der 2-6jährigen. Dabei gibt es keine Reihenfolge oder Liste die man abhaken könnte, sondern Zeitfenster, in den entscheidende Dinge sich entwickeln oder eben nicht.

 

Voraussetzung für das erfolgreiche Erlangen von Kompetenzen ist es, dass ein Kind sich wohl, sicher und relativ angstfrei fühlt. Außerdem braucht es erwachsene Partner hat, denen es vertrauen kann. Ein Slogan der das bestätigt ist:  Bildung bei Kindern in der Kita benötigt Bindung.

 

Zur Bildung im Vorschulalter bedarf es keiner aufwändigen Angebote und Kursen, sondern in erster Linie Partner, die es anregen, an denen es sich reiben kann, mit denen es sich auseinandersetzen kann, mit denen es Kompromisse schließt, sich durchzusetzen, aber auch nachzugeben lernt. Auch hierbei spielt das Vertrauen in Menschen eine große Rolle. Wenn dieses Vertrauen vorhanden ist, wird es dem Kind helfen, sich über seine Gefühle wie Freude, Angst, Wut oder Trauer klar zu werden. Aber was noch viel wichtiger ist, auch über seine Gefühle zu reden.

 

Kinder nehmen das auf, was für sie im Moment von Interesse ist. Für den einen kann es Fußball sein, der andere entdeckt Insekten, wieder andere entwickeln Spaß am Singen, an Geschichten, an Dinos, an Planeten, an der Titanic. Was ich damit sagen will, Themen sind praktisch nur Krücken für Kinder um Kompetenzen und Stärken zu entwickeln. Themen  spielen eine eher untergeordnete Rolle.  

 

Es gibt Kitas, die jede Woche in der Zeitung stehen, die großen Aufwand für ein positives öffentliches Image betreiben, die aufsehenerregende Veranstaltungen machen. Uns erscheint es aber wichtiger für Kinder da zu sein und ihnen zu helfen, es selbst zu tun, wie es die große Ärztin und Pädagogin Maria Montesorri es formuliert hat. Das wichtigste was Kinder brauchen ist Zeit, unverplante Zeit, in der sie die Möglichkeit haben, sich selbst auszuprobieren. Wobei Langeweile eine gute Triebfeder ist und  kindliche Kreativität in Gang setzen kann. Wir laden Sie deshalb ein, sich von einer Rundumbespaßung der Kinder zu lösen und mal zu schauen, was passiert.

 

Was ein Kind in der Kita lernt, sind Kompetenzen. Kein fertiges Wissen. Das unterscheidet uns von der Schule. Kompetenzen sind die Basis, die es erst ermöglicht konkrete Wissensinhalte aufzunehmen und zu verarbeiten. Dabei ist es nicht wichtig ob ein Kind Zählen, Schreiben oder lesen kann, sondern es braucht Vorläuferfähigkeiten die es sich überwiegend selbst erarbeitet muss. Ein Beispiel dazu:

 

Vorläuferfähigkeit: Mathematik

Mathematisches Denken beginnt nicht erst in der Schule mit den Grundrechenarten,  sondern schon viel früher. Es entwickelt sich im Spiel:

  • Alle Spiele mit Zahlen, Mengen, Klassifizierungen,

  • Aber auch Rollenspiele, Fangspiele, Freispiele alles schult das mathematische Verständnis.

  • Genaues hinschauen

  • Vergleichen (z. B. Größer/Kleiner, Dick, dünn, glatt rauh, jung alt

  • Figur- Grundunterscheidung

  • Genaues hinhören

  • Körperschema

  • Auge-Hand-Koordination

  • Auge-Fußkoordination, uvm. 

 

In der heutigen Zeit ist viel von Resilienz zu hören. Das meint eine psychische Widerstandsfähigkeit. Diese wird am besten gefördert, wenn Kinder auch Frustrationen erleben dürfen. Und nicht um das Erlebnis betrogen werden Die Erkenntnis: Ich habe das alleine geschafft. Ich hatte ein Problem und weil ich nicht aufgegeben habe, habe ich es geschafft. - Erwachsene dürfen natürlich Ermutigungen und Nähe geben. Aber Widerstehen sie der Versuchung, den Kindern die Lösung abzunehmen. Da lernt keiner etwas draus. Es muss nicht immer sein, aber immer öfter.

 

Natürlich wollen wir nicht alles dem Zufall überlassen. Wir dokumentieren die Entwicklung Ihres Kindes und versuchen nachzuhelfen, damit ein Kind einen möglichst großen Kompetenzpool mitnimmt, wenn es die Kita verlässt. Dennoch müssen wir akzeptieren, dass kein Kind alles kann, dass es trotz aller Motivation an bestimmten Sachen kein Interesse entwickelt. Das es auch Grenzen in der kindlichen Entwicklung gibt.

 

In unserer 3tägigen Fortbildung hatten wir das Thema: Beobachtung und Dokumentation, sowie Lerngeschichte(n) eines Kindes. Dieses wollen wir in Zukunft zunehmend intensiver  praktizieren, weil wir die Ansicht gewonnen haben, dass die Bildungsdokumentation auch den Mitarbeitern hilft eine stärkere Bindung aufzubauen, die wiederum ein tieferes Verständnis vom Kind und seinen Lebensumständen ermöglicht. Das Kind profitiert davon, weil der Mitarbeiter sich zurück nimmt und das Kind eigene Erfahrungen machen lässt. Diese eigenen Erfahrungen, dass wissen wir alle selbst, bewirken mehr als auswendig gelernte Informationen.

 

Wie sich Lernen, sprich Aufbau von Kompetenzen in der Kita heute vollzieht, möchten wir durch einige Filmszenen zeigen.